Das Wasser ergießt sich über die glühend heißen Steine, es zischt, Dampf steigt auf, Großvaters Atem, wie er von den Lakota – von denen ich gelernt habe – genannt wird.

Wir sitzen auf dem Erdboden, tauchen in die archaische Atmosphäre dieses Rituals ein. Die Schwitzhütte ist wie eine wohlige Höhle, der Mutterbauch in dem wir uns geborgen fühlen dürfen.

Erbaut aus 16 Stangen von der Weide oder vom Haselstrauch bzw. anderen heimischen jungen Laubbäumen. Vier Ebenen mit Querverstrebungen stabilisieren das Konstrukt. Jede der Stangen und alle Ebenen haben eine spezifische Bedeutung aus der mythologischen Welt und dem Schöpfungszyklus der Lakota, voller Weisheit geschaffen aus der Verbundenheit mit der Existenz.
Wenn man aus der Sitzposition zur „Decke“ des Gerüsts hochblickt, entdeckt man einen gleichmäßigen achtzackigen Stern. Darum wird diese Form der Schwitzhütte auch Starlodge (Sternenhütte) genannt. Es gibt in anderen nativen Kulturen noch verschiedenste Bauformen für Schwitzhütten und Schwitzhäuser, nicht nur in Nordamerika, sondern zum Beispiel auch in Sibirien oder baltischen Kulturräumen.

Das Geflecht aus hölzernen Stangen wird schließlich mit Decken oder Planen abgedeckt und so entsteht das Schwitzzelt, in dem Dampf und Räucherwerk ihre Wirkung entfalten können. Im zeremoniell errichteten Feuer werden die Steine rotglühend erhitzt. Der Feuerhüter, die Feuerhüterin bringt mit einer Heugabel die Steine dann, wenn sie „reif“ sind, in das Innere der Hütte, wo sie in einer dafür vorbereiteten Kuhle abgelegt werden. Wenn die „Großmütter und Großväter – die Steine also“ während der Zeremonie über den Dampf die ihnen inneliegenden uralten Sauerstoffionen freigeben, dann geschieht Reinigung und Erneuerung unseres Energie-, Emotional- und materiellen Körpers, auch das Mentale wird erneuert, der Gedankenkörper, der einen großen Einfluss auf unser Leben hat. Alte Muster werden durch das Austreten aus den gewohnten Bahnen (raus aus der Komfortzone) aufgelöst und neue heilsame Lebensmuster können neu gewoben werden.

Über vier „Türen“ – das heißt Durchgänge – werden wir uns den Elementen hingeben. Freiwillig versteht sich von selbst, natürlich kann die Schwitzhütte jederzeit verlassen werden. Wir singen und beten, teilen miteinander, was uns gerade jetzt bewegt.
In manchen Runden wird getrommelt oder gerasselt. Auf den Steinen werden sanft reinigende und heilsame Kräuter sowie duftende Harze geräuchert. Wir schwitzen und erleben Erneuerung und Dankbarkeit. Wenn wir, wie neugeboren, am Ende der Zeremonie wieder aus dem Bauch von Mutter Erde auftauchen, genießen wir die Zeit für uns alleine, das Feuer, vielleicht den Sternenhimmel, erfrischendes Wasser und zum Abschluss ein gmeinsames Essen, das einen wichtigen Teil des Erlebens in der Gemeinschaft ausmacht.

Neu belebt und reich an Eindrücken kehren wir wieder in unser vertrautes Dasein zurück, nachdem wir unsere Komfortzone verlassen haben, erleben wir unser Zuhause vielleicht wieder ganz neu. Gut ist es, sich noch einen Tag für die Integration des Erfahrenen zu gönnen, auch weil es durchaus körperlich zu einer angenehmen Müdigkeit kommen kann, die ein deutliches Zeichen für die Nachwirkungen des Detox des Schwitzhüttenrituals ist.

Mitakuye Oyasin – Wir beten für das Leben, nicht nur für uns alleine, sondern für die gesamte Existenz, mit der wir natürlich verwoben sind.